Total Michael Mayer Michael Mayer

Mit “Hush Hush Baby”, dem ersten Track von “Total Michael Mayer” und neben "Fackeln im Sturm” zweiten offiziellen Kiffer-Hymne der KOMPAKT-Geschichte, hat Michael Mayer einen so passenden wie klugen Einstieg in diese musikalische Anthologie gewählt, mit der das Label seit einiger Zeit die zahlreichen Beiträge einzelner Künstler und Künstlerinnen zur jährlichen TOTAL-Compilation in einer liebevoll verpackten Digital-Compilation zusammenfasst und entsprechend würdigt. 

Den halb sweeten, halb postpubertären Wortwitz - man könnte auch sagen Kiffer-Humor - im Titel mal beiseite gelassen, markiert “Hush Hush Baby” (und im gleichen Maße auch das ein Jahr früher erschienene “Amanda”) ein wenig den stilistischen Übergang des alten, also eigentlich noch recht jungen “Michi”, hin zum jüngeren Werk des dann schon etwas älteren und langsam erwachsen werdenden Michael Mayer. Das verhuschte Vocal-Sample, in deutscher Sprache und bis heute von ungeklärter Herkunft, erinnert an die ersten Mayer-Produktionen überhaupt, an “Frost/Heaven” natürlich, aber auch den Remix von Bodo Elsels “Fantasie Mädchen” aus dem Jahr 1999. Ein Basslauf, der klingt, als würde man aus einem Luftballon langsam die Luft rauslassen, das Tempo des luftig federnden Beats ein wenig zu schnell für einen House-Track (was vermutlich daran lag, dass Michael seine Tracks mit den viel schnelleren Techno-Tracks dieser Zeit mixen wollte), darüber schweben wie ein Baiser verschiedene Samples und Flächen; alles in allem schön verspult und damit perfekt für jeden Family-Open Air-Rave, rot die Augen, golden der Sonnenuntergang. 

Als “Falling Hands” auf TOTAL 4 erscheint, schreiben wir das Jahr 2002 und Michael ist längst ein international gefragter DJ und Produzent und einer der Chefs eines weltweit gefeierten Musik-Labels. Der Track erinnert an alte Deep House-Hymnen, dreht aber auf halber Strecke in Richtung Acid und Trance. Dies entsprach damals nicht nur dem allgemein anerkannten musikalischen Zeitgeist, sondern war auch ein von Mayers alternierenden TOTAL-Fußabdruck als Duo Thomas/Mayer gerne benutztes Stilmittel. Welches Genre bin ich und wenn ja, wie viele? 

Eine bewusste Mehrdeutig- und Vielschichtigkeit durchzieht eigentlich alle Tracks dieser Werkschau von Michael Mayers Beiträgen für “seine” TOTAL-Serie, die er ja auch immer selbst kuratierte. Getragen von der beiläufigen Souveränität und Gelassenheit eines Produzenten, der seinen Fans, Kollegen und sich selbst schon lange nichts mehr beweisen muss, sondern die einmal im Jahr anstehende Gelegenheit dazu nutzt, um ein wenig Spaß im Studio-Keller zu haben, leicht angeraucht Dinge auszuprobieren, auch mal nicht ganz perfekt ausproduzierte Track-Skizzen für sich stehen zu lassen und sie der Gesamtheit und Vielstimmigkeit der restlichen Compilation anzuvertrauen. 

Am Ende holt uns die Jetztzeit ein, mit Michaels Remix von eee gee’s “All Or Nothing”, seinem Beitrag zur TOTAL 22. Ein Kreis schließt sich und spannt den Bogen über einen Zeitraum von gut zwanzig Jahren. Durch alle verschiedenen Phasen, Veränderungen, Mode- und Zeiterscheinungen hindurch ist sich da jemand sehr treu geblieben. “All Or Nothing” und “Hush Hush Baby” könnte man jedenfalls sehr gut ineinander mixen.